Warum die Oma sterben musste


Als ich die Figur „Valerian“ schuf, da besaß sie noch Eltern. Natürlich. Jedes Kind hat Eltern.
Ich machte mir über seine übernatürliche Herkunft Gedanken. Was würde ein junger Unsterblicher wohl tun, wenn er erführe, dass diese Unsterblichkeit vererbt würde? Vermutlich als erstes zu den Eltern rennen und sie ausquetschen. Also mussten Hanna und Richard Wagner ihr Leben lassen – leider.


Konsequenterweise bedeutete das auch, dass die  Oma weg musste, also habe ich sie gleich mitgekillt.
Dadurch wurde Valerian zum Waisenkind. Das bot die Chance einen genaueren Blick auf Pflegekinder und deren Situation zu werfen. Falls es bisher noch nicht deutlich geworden ist: ich schätze ein gewisses Maß an sozialkritischen Inputs.
Stellte sich die Frage von weiteren Verwandten. Restliche Großeltern habe ich nicht weiter erwähnt. Womöglich sind sie tot, eventuell tauchen sie noch auf. Das soll zur gegebener Zeit beantwortet werden.
In der Generation von Valerians Eltern sind Geschwister üblich. Meine Eltern haben jeweils zwei Geschwister, also konnte ich mindestens einen weiteren Verwandten nicht unterschlagen. Damit es zu keiner Fragestunde kommen würde, habe ich das Familienmitglied zum einen doofig, zum anderen auf der „falschen Seite“ der Familie erstellt. Außerdem brauchte ich jemanden, der sich
a) leicht von Fowler breitschlagen ließ und
b) „anständig“ genug war, um das Sorgerecht zu erhalten, aber gleichzeitig verlottert genug, um nicht attraktiv als Gesprächspartner zu sein. Voila! Tante Edith.
Um ein gewisses Konfliktpotential in den  heimischen Sphären zu kreieren (Valerian braucht immerhin einen Grund, weshalb er sehr gerne nach Cromwell kommt), habe ich ihr einen betrunkenen Loser an die Seite gestellt – Björn (wohl bekomms!).


Die Art und Weise, wie Valerian seine Kindheit verlebte, dazu der häufige Schulwechsel und der gewalttätige Ziehvater, haben ihn sehr geprägt. So ein Kind braucht eine Überlebensstrategie und die hat er: seine Flapsigkeit. Wer nichts an sich heran lässt, der kann auch nicht verletzt werden. So ist es nicht verwunderlich, wenn Valerian herablassend über all das herzieht, was nicht ein sein Wunschweltbild passt. Seine Gedanken sind schnoddrig und zerreißen alles, was ihm nicht passt oder im Entferntesten verunsichern könnten. Gleichzeitig hat er sich seinen Humor und eine gewisse Leichtigkeit bewahrt. Er findet Freude an seinem Leben, an sportlichen Aktivitäten (ich meine nicht das Essen, sondern wirklich Sport ;o) und ist sozial genug, um Freundschaften aufzubauen. Trotzdem ist er ein Dickkopf und streitlustig.
Valerian ist für mich der etwas treudoofe, selbstbezogene Mr. Lässig, der mit seiner Ignoranz zum Schmunzeln anregt. Natürlich kann er nicht ewig so bleiben, aber zu Beginn der Cromwell-Reihe ist er auch erst 17 und in Band 1 vergeht lediglich ein halbes Jahr. Der gute Valerian wird noch einiges abbekommen. Allein die Umstände zwingen ihn dazu Verantwortung zu übernehmen und sich auf andere zu besinnen.

Mal ehrlich… erinnert euch diese Charakterbeschreibung wirklich an Harry Potter?

Zum Schluss noch eine kleine Liste von Hauptcharakteren, die ebenfalls keine Eltern mehr haben:

-         Justus Jonas von den ??? (Eltern starben früh und er lebt bei der Tante und ihrem Mann)
-         Luke Skywalker von Star Wars (okay – er ist nicht „wirklich“ Vollwaise, wurde aber von Pflegeeltern aufgezogen und weiss lange Zeit nichts von Darth Vader)
-         Momo (keine Eltern werden erwähnt)
-         Tarzan (wurde von Affen aufgezogen, Eltern kurz nach der Geburt tot)
-         Peter Parker von Spiderman (lebt bei Onkel und Tante, da Eltern tot)
-         Magneto von X-Men (Eltern wurden im KZ getötet)
-         Bruce Wayne aus Batman (wird vom Buttler aufgezogen, nachdem seine Eltern brutal ermordet wurden)
-         Hal Jordon aus Green Lantern (Vater stribt, als er klein ist, Mutter tritt nicht in Erscheinung)
-         Clark Kent aus Superman (der ganze Heimatplanet, inklusive Eltern, wurde zerstört)

Ich glaube, ich muss nicht fortfahren um zu zeigen: Superhelden haben keine Eltern :-P

10 Kommentare:

Nebelfeuer hat gesagt…

Interessante Erklärung! Vielen Dank! Ich freue mich über jede Hintergrund-Info.

King_Haggard hat gesagt…

Nein, DIESE Charakterbeschreibung erinnert mich nicht an HP, die Charakterbeschreibung in "Kaltes Feuer" erinnert mich an HP. So wie alle, die ich kenne.
Ich habe mal eine nicht repräsentative Umfrage gemacht und 7 von 7 Befragten antworten auf: "Sag mir an was Dich das erinnert: Ein Weisenjunge, der bei unausstehlichen Verwandten lebt, kommt auf eine Magier..." mit "Harry Potter" bevor ich ausgeredet hatte.
Woran nichts Schlimmes oder Verwerfliches ist. Man kann schlimmere Dinge tun als erfolgreiche Vorbilder zu haben.

ein Freund? hat gesagt…

Ich hab das Buch auch gelesen und kenne natürlich HP, aber ich sehe da soviel Zusammenhang wie zwischen Conan der Barbar und den drei Musketieren.
Was deine "Umfrage" angeht scheinst du Valerian derart reduziert zu haben, das nur die Antwort kommen konnte die du wolltest. Warum fragst du deine Freunde nicht was ihnen "Unsterblicher" sagt, da kann ich dir garantieren das sie Highlander sagen. Deine Umfrage ist so hilfreich wie die Bürgerzählung der Bundesregierung, und bei der war ich einer der 100.000 Bürger die befragt wurden und kenne solche "Umfragen".
Aber wenn du nicht der Meinung bist, beantworte mir folgende Frage:"Wer trägt grün und hat nen Bogen?"

Ich für meinen Teil bin mit dem Buch sehr zufrieden.

Nebelfeuer hat gesagt…

Ich kann mich meinem Vorredner nur anschließen. Den Wert einer solch "repräsentativen" Umfrage unter Verwendung einer solch "unverfänglichen" Fragestellung kann ich nur in Zweifel ziehen.
Vielleicht solltest Du einfach mal den Rest des Buches lesen und nicht nur das erste Kapitel.
Wobei es könnte einem eigentlich schon nach dem Prolog und dem ersten Wort des ersten Kapitels auffallen, dass man da doch etwas ganz anderes vor sich hat, als den lieben HP.

Astragon hat gesagt…

Verstehe nicht ganz, was der HP vergleich soll. Habe das Buch gelesen und fand es gut. Auser der Tatsache, dass es auch auf einer Schule für Uebernatürliche spielt hat es mich nicht an Harry Potter erinnert (den ich persönlich nicht so dufte fand).
Es gibt Magier, ok da haben dann wohl alle modernen Fantasy Autoren von Tolkien abgeschrieben.

Ich finde nicht wichtig ob es Paralellen zu anderen Fantasy Büchern gibt. Wer die sucht wird welche finden. Die Story ist gut geschriebne und unterhaltsahm. Was will ich mehr?

Hätte auch noch ne Frage beizutragen: "Wer wurde von einer Jungfrau gebohren, hatte 12 Gefolgsleute, hat die Kranken geheilt und ist nach 3 Tagen von den Toten auferstanden um zum Himmel zu fahren?"

Es gibt auch auf diese doch sehr spezifische Frage mehr als eine Antwort ;-)

Anonym hat gesagt…

vergleiche mit HP sind meiner ansicht völlig unsinnig, erstens wird hier gar nicht gezaubert, sondern Magie gewirkt, was in meinen Augen schon mal völlig anders ist. Außerdem ist die Sprache und Ausdrucksweise einfach Christina Förster und nicht Joane Rowling, bei HP habe ich nie so gelacht und gleichzeitig auch weinen müssen wie bei den Cromwell Chroniken. Ich finde es auch viel realer und natürlicher da es in unserer Zeit und in der Realität spielt nicht in irgendeiner Fantasiewelt.
Glückwunsch Christina, laß dich nicht von Miesmachern entmutigen.
tanzkralle

Christina hat gesagt…

Hossa! Danke für euer reges Interesse am Blog. Freut mich, dass der Cromwell-Stoff euch so fesselt.

@Nebelfeuer: Hehe - kein Wunder, dass du dich über Hintergrundinfos freust, wo ich so geizig damit umgehe ;o)

@Schreiber: Stimmt, man kann Schlimmeres tun, als erfolgreiche Vorbilder haben. Ich habe Valerians Hintergrund aus oben erwähnten Gründen so angelegt.

@Freund: Ich finde du bringst es auf den Punkt: es ist entscheidend, dass er ein Unsterblicher ist. Ob die Eltern leben, die Tante unmöglich ist und er gerne Kaugummi kaut, ist nicht essenziell für die Handlung. Schön, dass dir das Buch gefällt =)

@Astragon: Wenn wir schon bei "Begabtenschulen" sind, warum dann nicht gleich X-Men? Da laufen wenigstens keine knuffigen Elfchen rum. Freut mich, dass der Roman dir gefallen hat =) Danke!

@Tanzkralle: Ja, das hoffe ich, dass meine Ausdrucksweise sich von JKR unterscheidet. Nicht, dass ich ihren Stil nicht mag, aber ich schreibe nun mal kein Kinder-/Jugendbuch. Und nein, ich lasse mich nicht entmutigen. Habe so viele Leser, die es klasse finden und das baut auf =)

Anonym hat gesagt…

Ich schließe mich noch Astragon an: Das Buch ist sehr gut und da ist es doch ganz egal, wenn Kleinigkeiten an ein anderes Buch erinnern, das ist doch bei fast jedem Buch so.

Akkarin hat gesagt…

Hallo zusammen, ich habe gerade all eure Kommentare innerhalb dieses Beitrages mit viel Neugier verfolgen können. Es war recht spannend, auch wenn ich es traurig fand, dass oft nur auf dem Vergleich von HP diskutiert wurde :(
Ein herzliches Dank an die Autorin zu ihrer Erklärung „Warum die Oma sterben musste“. Während ich das Buch lass, ist mir nicht aufgefallen das es ja noch eine bzw. zwei Omas hätte geben können ;) Ich möchte mich hiermit bei Christina Förster bedanken, dass sie uns die Gelegenheit gegeben hat, etwas tiefer in die Hintergrundgeschichte dieses speziellen Charakters „Valerian“ einzutauchen. Dieser Blickwinkel ist eine interessante Abwechslung zu seinen lockeren Sprüchen und Gedanken. Vielen Dank!!

Christina hat gesagt…

Danke Akkarin!
Und gerne geschehen, ich unterhalte mich gerne über Hintergründe... auch wenn ich selten welche verrate ;o)
Ambivalenz pur!

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